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Neueste 5 Einträge

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  • September 2020 - Der befangene Richter
  • August 2020 - Anfechtung von Steuerberatergebühren (Bargeschäft)
  • Juli 2020: Insolvenzanfechtung als Verstoß gegen Treu und Glauben
  • Juni 2020: Geschäftsführerhaftung

18.10.2020

August 2020 - Anfechtung von Steuerberatergebühren (Bargeschäft)

Ein Steuerberatungsunternehmen bekommt von einem Insolvenzverwalter ein Anfechtungsschreiben. Darin verlangt dieser Gebühren zurück, welche die zwischenzeitlich insolvente Mandantin des Steuerberatungsunternehmens in den letzten drei Monate vor Insolvenzantragstellung geleistet hatte. Die Steuerberatungsgesellschaft kontaktiert keinen Rechtsanwalt und erstattet die vorgeblich in anfechtbarer Weise erhaltenen Gebühren an den Insolvenzverwalter zurück. Kurze Zeit später bekommt die Steuerberatungsgesellschaft erneut ein Anfechtungsschreiben des Insolvenzverwalters, mit dem dieser nunmehr Steuerberatergebühren für ein ganzes Jahr vor Insolvenzantragstellung zurückverlangt. Zur Begründung führt er aus, dass die mit der Erstellung der Finanz- und Lohnbuchhaltung beauftragte Steuerberatungsgesellschaft Kenntnis von der wirtschaftlichen Schieflage des Unternehmens gehabt habe. Die Steuerberatungsgesellschaft beauftragt nunmehr uns mit der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Vorgehens des Insolvenzverwalters.

Nach Prüfung der Sach- und Rechtslage empfehlen wir der Steuerbera-tungsgesellschaft, nicht auf das Zahlungsbegehren einzugehen, da das Anfechtungsschreiben des Insolvenzverwalters in sich widersprüchlich und völlig unzureichend begründet ist. Der Insolvenzverwalter erhebt in der Folge Klage beim zuständigen Gericht. Der Insolvenzverwalter trug vor Gericht vor, dass die Leistungen der Steuerberatungsgesellschaft innerhalb von 30 Tagen von dem schuldnerischen Unternehmen bezahlt worden waren. Im Termin zur mündlichen Verhandlung geht das Gericht zunächst davon aus, dass der Insolvenzverwalter mit hoher Wahrscheinlichkeit obsiegen würde. Wir machen dem Prozessgericht klar, dass es die Rechtslage nicht richtig würdigt und übermitteln auch nach der mündlichen Verhandlung ein umfangreiches Schreiben, in dem wir das Prozessgericht darauf hinweisen, dass den angefochtenen Steuerberatungsgebühren sogenannte Bargeschäfte zugrunde liegen, die nur unter besonderen Umständen von einem Insolvenzverwalter angefochten werden können. Diese Umstände lagen in dem vorliegenden Fall jedoch nicht vor. Das Prozessgericht ließ sich davon überzeugen und wies die Klage ab. Der Insolvenzverwalter ging in Berufung. Das Berufungsgericht schloss sich unserer Rechtsauffassung an und wies die Berufung auf Kosten des Klägers zurück.

Auch dieser Fall zeigt, dass so manches Begehren eines Insolvenzverwalters gründlich überprüft werden sollte. Die frühzeitige Einholung einer Expertise eines Fachanwalts für Insolvenzrecht mit ausreichender Berufserfahrung zahlt sich in jedem Fall aus. Darüber hinaus kann eine Rechtsberatung auch dazu dienen, dass zukünftige Verhalten einer Steuer-beratungsgesellschaft im Umgang mit krisenbefangenen Kunden neu zu überdenken und neu auszurichten.

Admin - 12:39 @ Insolvenzrecht, Insolvenzanfechtung | Kommentar hinzufügen

 
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